Europäische Wirtschafts- und Währungsunion

Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
 
Abkürzung EWWU, Wirtschafts- und Währungsunion, Abkürzung WWU, nach dem Maastrichter Vertrag in drei Stufen zu realisierende enge Form der Integration im Rahmen der EU. Eine Währungsunion zeichnet sich allgemein durch eine uneingeschränkte, irreversible Konvertibilität der Währungen, eine vollständige Liberalisierung des Kapitalverkehrs und die Integration der Banken- und Finanzmärkte sowie durch eine Beseitigung der Wechselkursbandbreiten und die unwiderrufliche Fixierung der Wechselkursparitäten aus. Eine Wirtschaftsunion ist umfassender. Grundelement ist ein einheitlicher Markt mit freiem Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr (Europäischer Binnenmarkt). Sie umfasst ferner eine gemeinsame Wettbewerbspolitik und sonstige Maßnahmen zur Stärkung der Marktmechanismen, eine gemeinsame Politik zur Strukturanpassung und Regionalentwicklung und letztlich eine Koordination zentraler wirtschaftspolitischer Bereiche (einschließlich verbindliche Regeln für die Haushaltspolitik).
 
Im Mittelpunkt der ersten Stufe der EWWU (Beginn am 1. 7. 1990) standen die Aufhebung der Kapitalverkehrskontrollen innerhalb der EG sowie eine engere Kooperation in der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten.
 
Zu den wichtigsten Maßnahmen im Rahmen der zweite Stufe (Beginn am 1. 1. 1994) zählte die Gründung des Europäischen Währungsinstituts (EWI) als Vorläufer der Europäischen Zentralbank (EZB). Das EWI war mit der unmittelbaren technischen und prozeduralen Vorbereitung der Währungsunion befasst, die Verantwortung für die Geldpolitik verblieb in dieser Phase auf nationaler Ebene. Mit Beginn der zweiten Stufe, während der die wirtschaftliche, fiskalische und monetäre Konvergenz der Mitgliedstaaten verstärkt wurde, galt grundsätzlich ein Verbot, öffentlicher Defizite durch die nationalen Notenbanken zu finanzieren. Zudem war dem zwingenden Gebot der Autonomie der nationalen Notenbanken zu entsprechen.
 
Mit dem Eintritt in die dritte Stufe zum 1. 1. 1999 ging die Verantwortung für die gemeinsame Geldpolitik im Währungsraum der neuen Einheitswährung Euro () auf das Europäische System der Zentralbanken (ESZB), auch Eurosystem genannt, über. Zuvor, im Mai 1998, hatten die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitglieder-Staaten auf ihrem Gipfeltreffen in Brüssel zunächst 11 Teilnehmerländer (Euro-Zone) festgelegt - nicht von Anfang an dabei waren Dänemark, Griechenland, Großbritannien und Schweden. Am 1. 6. 1998 erfolgte die offizielle Gründung der EZB, am 31. 12. 1998 die Festlegung der für die unwiderrufliche Fixierung der Wechselkurse der beteiligten Länder notwendigen endgültigen Konversionskurse der nationalen Währungen gegenüber dem Euro und im Januar 1999 die Inbetriebnahme des europäischen Zahlungsverkehrssystems TARGET. Während im Zahlungsverkehr zwischen Banken und Nichtbanken bereits ab 1. 1. 1999 die Landeswährungen durch den Euro ersetzt wurden, erfolgt die Ausgabe von Euro-Banknoten und -Münzen erst ab 1. 1. 2002. Bis dahin behalten die nationalen Währungen zwar ihre Funktion als gesetzliche Zahlungsmittel, sie fungieren allerdings nur noch als Untereinheiten des Euro. Seit Anfang 1999 gibt es deshalb auch keine offiziellen Wechselkurse zwischen den nationalen Währungen des Euro-Währungsraumes und gegenüber Drittstaaten mehr. Am 1. 1. 2002 wird der Euro dann endgültig die nationalen Währungen als alleinige gesetzliche Zahlungsmittel ablösen, wobei der Parallelumlauf von nationalem und Euro-Bargeld auf höchstens zwei Monate begrenzt wird. Die nationalen Zentralbanken sind allerdings auch nach dem 28. 2. 2002 verpflichtet, jederzeit und unentgeltlich altes Geld in Euro umzutauschen. Spätestens zum 1. 1. 2002 werden alle Geldwerte (z. B. Guthaben, Schulden, Mieten, Einkommen) und Preise in Euro ausgewiesen. Die Umstellung erfolgt zu den offiziellen Konversionskursen (in Deutschland zum Kurs von 1,95583 DM für 1 Euro).
 
Die Teilnahme an der Europäischen Währungsunion (EWU) war - und wird es auch künftig für neue Mitglieder sein - von der Erfüllung der im Maastrichter Vertrag definierten Konvergenzkriterien abhängig: a) Die Preisniveaustabilität, d. h., die durchschnittliche Inflationsrate darf im Jahr vor der Eintrittsprüfung maximal 1,5 Prozentpunkte über derjenigen der höchstens drei preisstabilsten Länder liegen. b) Mindestens eine zweijährige Teilnahme am Wechselkursmechanismus des EWS unter Einhaltung der normalen Bandbreite; insbesondere darf die Landeswährung in diesem Zeitraum nicht auf Initiative des Beitrittskandidaten abgewertet worden sein. c) Der langfristige Nominalzins darf im Verlauf eines Jahres vor dem Konvergenztest höchstens 2 Prozentpunkte über denjenigen der höchstens drei Länder mit den niedrigsten Inflationsraten liegen. d) Das jährliche Haushaltsdefizit darf 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreiten, es sei denn, die Quote ist erheblich und laufend zurückgegangen und liegt in der Nähe des Referenzwertes. e) Der öffentliche Schuldenstand bezogen auf das BIP darf 60 % nicht übersteigen, es sei denn, die Quote ist hinreichend rückläufig und nähert sich dem Referenzwert. Bereits im September 1996 hatten sich die Finanzminister und Notenbankpräsident der EU-Staaten auf einen Stabilitäts- und Wachstumspakt zur Einhaltung der Konvergenzkriterien auch nach Beginn der EWU sowie auf einen neuen, flexibleren Wechselkursmechanismus zwischen dem Euro und den Währungen der Länder, die nicht sofort an der EWU teilnehmen können (EWS II; Europäisches Währungssystem), geeinigt.
 
Als Vorteile der EWU gelten insbesondere der Wegfall von Wechselkursrisiken sowie währungsbedingter Transaktions- und Kurssicherungskosten, erhöhte Planungssicherheit für Investitionen und der Wegfall wechselkursbedingter Wettbewerbsverzerrungen. Umstritten ist, welche Auswirkungen sich für den Arbeitsmarkt sowie die Tarif- und Sozialpolitik ergeben.

Universal-Lexikon. 2012.

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